Allgemeine Einführung Schweigepflicht / Datenschutz
Der Eid des Hippokrates wikipedia ist dir wahrscheinlich ein Begriff; hast du aber gewusst, dass der hippokratische Eid auch eine Passage zur Wahrung der Privatsphäre enthält? Sie lautet wie folgt:
Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgange mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren. Eid des Hippokrates (wikipedia)
Das ist die vermutlich die älteste Datenschutzbestimmung.
Privatsphäre ist ein Grundrecht
Der Wahrung der Privatsphäre ist ein Grundrecht, es ist sowohl in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Wikipedia, sowie in der schweizerischen Bundesverfassungadmin.ch festgehalten.
So steht in der schweizerischen Bundesverfassung folgendes:
Art. 13 Schutz der Privatsphäre
1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
2 Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.
admin.ch
Da du als Psychologe/-in mit vielen sensiblen Daten arbeitest, gehört es darum zu deinen Pflichten, dich um die Bewahrung dieses Grundrechts zu bemühen, deshalb stehst du unter Schweigepflicht.
Unterliegen Psychologen der gleichen Schweigepflicht wie Ärzte?
Nein. Ärzte unterliegen der Schweigepflicht nach Strafgesetzbuch und diese gilt nur für die dort aufgezählten Berufe (Anwalt, Geistlicher, Arzt, medizinisches Hilfspersonal, etc.). Psychologen fehlen in dieser Aufzählung, allerdings fallen Psychologen rechtlich gesehen unter den Begriff medizinisches Hilfspersonal, wenn sie delegiert für einen Arzt oder in einer Klinik arbeiten.
Was gilt für Psychologen die nicht unter die Schweigepflicht nach Strafgesetzbuch stehen?
Psychologen gehen mit besonders sensiblen, persönlichen Daten um und tragen den Patienten gegenüber eine grosse Verantwortung. Psychologen unterliegen deshalb der Schweigepflicht nach dem Datenschutzgesetz.
Mehr Informationen dazu findest du auf der Informationsseite des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten.
Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Formen der Schweigepflicht?
Der Unterschied ist zwischen den beiden Formen der Schweigepflicht ist minim und für den Umgang mit persönlichen Daten irrelevant, nur bei Strafverfahren kommen die Unterschiede tatsächlich zum Tragen. Im Umgang mit Behörden, Vorgesetzten und Verwandten gelten für Ärzte und Psychologen dieselben Verhaltensregeln.
Grundsätzliche Verhaltensprinzipien
Es existieren zwei allgemeine Prinzipien des Datenschutzes an die du dich halten musst:
- Bei schützenswerten Daten sollen ohne Einwilligung der Betroffenen oder ohne gesetzliche Grundlage keine Aussagen gegenüber Dritten gemacht werden.
- Gibt man Daten an Dritte weiter, sollen nur Daten weitergegeben werden, welche für diese Stelle geeignet und erforderlich sind.
Leider gibt es viele Situationen, wo es deswegen, nicht viel klarer ist, wie man sich verhalten darf:
- Was darf ich im Kontext der Ausbildung mit Mitstudierenden teilen?
- Was gilt als ausreichend anonymisiert?
- Gilt die Schweigepflicht auch, wenn ich mit jemandem rede, der selbst unter Schweigepflicht steht?
- Wie verhalte ich mich, wenn ich unter Schweigepflicht erfahre, dass jemand sich selbst oder andere gefährdet?
- Wie verhalte ich mich, wenn ich unter Schweigepflicht erfahre, dass jemand sich selbst oder andere gefährdet?
Was darf ich im Kontext der Ausbildung mit Mitstudierenden teilen?
Grundsätzlich darfst du mit deinen Mitstudierenden alles teilen, aber nur wenn du deine Berichte anonymisierst. Man kann hier sagen, dass das Prinzip 2 angewandt wird, man gibt nur an, was geeignet und erforderlich ist. Die Information, wie ein Patient heisst, ist weder erforderlich noch geeignet für deine Mitstudierenden, aber eine Fallgeschichte in anonymisierter Form ist für die Weiterbildung durchaus sinnvoll und geeignet.
Was gilt als ausreichend anonymisiert?
Anonymisieren heisst mehr, als einfach den Namen nicht zu nennen: Berufe, bedeutende Ereignisse im Leben der Patienten, Orte an denen Patienten sich aufgehalten haben, all das sind Informationen, die unter Umständen eine Person identifizierbar machen, ohne dass dir das bewusst sein muss. Also ist Vorsicht geboten, was du in eine Erzählung von einem Fall einschliesst und was nicht.
Gilt die Schweigepflicht auch, wenn ich mit jemandem rede, der selbst unter Schweigepflicht steht?
Ja, auch unter Kollegen gilt das Prinzip, dass man nur persönliche Daten im Einverständnis der Betroffenen weitergibt. Dass du aber in der Supervision über deine Fälle redest ist klar, dafür wird ein stillschweigendes Einverständnis angenommen. Auch hier gilt das Prinzip 2: „Nur weitergeben, was notwendig und geeignet ist“. Supervisoren müssen z. B. die Namen deiner Patienten nicht kennen, um ihre Aufgabe erfüllen zu können.
Wie verhalte ich mich, wenn ich unter Schweigepflicht erfahre, dass jemand sich selbst oder andere gefährdet?
Der Schutz der Privatsphäre ist ein Grundrecht, aber Grundrechte können in begründeten Ausnahmefällen übergangen werden, wenn andere Grundrechte von Personen schwerer ins Gewicht fallen. Erfährst du von einem Patienten von einer eindeutigen Fremdgefährdung, kannst du dich von der Schweigepflicht befreien lassen, weil das Wohl der gefährdeten Person schwerer wiegt, als die Wahrung der Privatsphäre deines Patienten.
Vorsicht…
Bewusst einem Patienten Schaden zufügen will wohl kein Psychologe, aber es geschieht schnell, dass man ohne zu überlegen so handelt, dass man unbewusst die Privatsphäre der eigenen Patienten verletzt:
Ein kleines, scheinbar harmloses Beispiel soll das illustrieren:
Du triffst im Flur einer psychologischen Praxis eine Nachbarin deiner Eltern. Sie ist überrascht, dich zu sehen und es scheint ihr peinlich zu sein. Du wechselst mit ihr ein paar Worte. Sie sagt, eher als Floskel, du sollst deine Eltern grüssen lassen. Zur Sicherheit musst du rückfragen, ob es dieser Nachbarin recht ist, wenn deine Eltern erfahren, unter welchen Umständen du sie getroffen hast. Sonst kannst den Gruss nicht ausrichten und musst vor allem verschweigen, dass du sie als Patientin im Spital getroffen hast. Merkblatt der Uni Basel, angepasst
Auch aufpassen musst du, welche Orte du für ein Gespräch über Patienten aussuchst, auch wenn du dich nur kurz mit einer Kollegin austauschst. Denn an der Bushaltestelle hinter dir steht vielleicht ohne dein Wissen genau die Patientin, über die du gerade redest. Oder in der Cafeteria: Die Mutter einer Patientin kann ganz in deiner Nähe sitzen, und auch wenn sie vielleicht nur Gesprächsfetzen hört, so kann dies das Vertrauen in die Therapeuten nachhaltig beinträchtigen.