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Factsheets

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Geburtsstörungen - Ursachen, Vorgehen und Therapie

Factsheet "Geburtsüberwachung"
  • Erfolgt durch das Stallpersonal
  • Möglichst ganztägig
  • Videoüberwachung: stört die Sau nicht
  • Synchronisation der Sauen hilft, um das Abferkeln einer Sauengruppe auf wenige Tage zu reduzieren
Zeitlicher Verlauf der Geburt:
  • Wenn nach der Geburt eines Ferkels mehr als 30 Minuten vergangen sind, ist die Sau genauer zu beobachten
  • Ist anzunehmen, dass noch Ferkel vorhanden sind, ist nach 60 Minuten eine geburtshilfliche Untersuchung vorzunehmen
Vermutete Störungen werden zunächst vom Tierhalter untersucht und behandelt
Tierarzt muss Tierhalter sachgerecht informieren und auf die Risiken und Grenzen konservativer Geburtshilfe hinweisen
 
Indikation:
  • Abstand seit der Geburt des letzten Ferkels > 60 Minuten, wenn anzunehmen ist, dass noch weitere Ferkel vorhanden sind
  • Starke Schmerzäusserungen der Sau
 
Vorgehen:
  • Klinische Untersuchung um Allgemeinbefinden einschätzen und weitere Krankheiten auszuschliessen:
    • Körpertemperatur messen
    • Abnormalitäten am Gesäuge
    • Schäden, die durch Manipulation des Tierhalters verursacht wurden
  • Die Anzahl der bereits geborenen Ferkel und deren Vitalität notieren
  • Bereich des äusseren Genitals und Umgebung gründlich mit milder antiseptischer Lösung waschen
  • Arm des Untersuchers ebenfalls gründlich reinigen
  • Langen Rektal-Plastikhandschuh überziehen
  • Viel Gleitmittel verwenden
  • Sau wir im Liegen untersucht
  • Durch die in die Vagina eingeführte Hand des Untersuchers kann die Vagina und der Beckenbereich der Sau kontrolliert werden.
  • Die Hand kann meist vorsichtig in den Uteruskörper, bis zur Bifurkation der Uterushörner vorgeschoben werden
  • Palpation der Uteruswände, um Spannungszustand festzustellen:
    • normal: starker Tonus, Uterus fühlt sich hart und steif an, reagiert auf digitale Manipulation mit einer Steigerung des Muskeltonus
    • abnormal: schlechter Tonus, weich und schlapp, es erfolgt keine Reaktion auf digitale Palpation
  • wenn die Zervix geschlossen ist, gelangt man mit der Hand nur zum knöchernen Becken, aber nicht in den Uteruskörper 
  • Palpation der Feten: Untersuchung, ob Zustand, Position und Haltung der Feten normal ist
    • Vorsicht! Niemals ins Maul fassen (Bissgefahr!) 
  • Extraktion einzelner Ferkel durch vorsichtigen Zug (siehe dazu Abbildung "Extraktion einzelner Ferkel durch vorsichtigen Zug")
Befund:
  • Obstruktion (z.B. durch Verlagerung der Harnblase)
  • Im Beckeneingang eingekeiltes Ferkel (z.B. Durch zu grosses Ferkel)
  • Kein Ferkel im Geburtskanal (z.B. durch Wehenschwäche)
  • Nach der Geburt eines Ferkels:
    • Amnion entfernen
    • Flüssigkeit aus dem Pharynx entfernen, in dem das Ferkel an den Hinterbeinen hochgehalten wird
    • ist die Nabelschnur intakt: nicht manipulieren
  • Nachdem alle palpierbaren Ferkel entfernt wurden, Uterustonus bestimmen
    • wenn schwach, Oxytocin applizieren (20 IU m.)
    • nach 10min vaginale Inspektion, ob weitere Ferkel in die Nähe des Geburtskanals verlagert wurden
    • wenn ja manuell extrahieren 
Dystokie = Geburtsstörung
  • relativ selten, in 0.25-1.0% aller Geburten
  • verursacht erhöhte Rate an Totgeburten
  • Ursachen:
    • Wehenschwäche 37% 
    • fetale Fehlstellung 33.5%
    • Verlegung des Geburtskanals 13%
    • Formveränderungen des Uterus 9.5%
    • Missverhältnis zwischen Fetus und Becken 4%
    • Nervosität der Sau 3%
Geburtsstörungen, Diagnose und Therapie:
Primäre Wehenschwäche: Geburt beginnt nicht, keine oder mangelhafte Wehen
Ursachen häufig unklar, mögliche Ursachen:
  • Systemische Erkrankung
  • hormonelle Imbalancen (erhöhte Progesteron:Östrogen-Ratio verursacht mangelhafte Sekretion von Oxytoxin und Prostaglandin, mangelhafte Expression der Rezeptoren)
  • Fütterungsbedingt (Verstopfung, Verfettung der Sau)
Diagnose: überschrittene Trächtigkeitsdauer
TX: Oxytocin Applikation
 
Idiopatische/partielle Wehenschwäche: Geburt startet normal, unterbricht dann plötzlich, keine Uteruskontraktionen mehr, Feten verbleiben im Uterus
Diagnose:
  • Abstand von mehr als 30 Minuten zu Geburt des letzten Ferkels;
  • Bei Geburtshilflichen Untersuchung wird kein Ferkel im Geburtskanal ertastet
TX: Oxytocin Applikation 
 
Sekundäre Wehenschwäche: Kontraktion stoppen durch interne Ursache wie eine Fehlstellung eines Fetus
Diagnose:
  • Abstand von mehr als 30 Minuten zu Geburt des letzten Ferkels;
  • Bei Geburtshilflichen Untersuchung wird kein Ferkel im Geburtskanal ertastet
TX: Primäre Ursache behandeln (manuelle Geburtshilfe) und dann Oxytocin Applikation 
Oxctocin-Applikation:
  • In Dosen von 10-20 Einheiten i.m.
  • Wirkung kann bei langsamer Resorption aus dem Fettgewebe und schnellem Abbau ausbleiben
  • Oder 5 bis höchstens 10 Einheiten i.v., bessere Resorption, ermöglicht gleichzeitige Gabe von 20-50 ml Kalziumglukonatlösung
  • Darf nicht überdosiert werden, sonst kommt es zu Uterusspasmus mit Geburtsstillstand, gelegentlich Erbrechen und durchfallartiger Kotabsatz
Relativ zu grosse Früchte:
  • normales Gewicht von 1000-2000g
  • aber der knöcherne Geburtsweg der Sau ist zu eng
  • engste Stelle beim Schwein: Beckeneingang
  • meist bei Jungsauen
Absolut zu grosse Früchte:
  • Früchte überschreiten ein Gewicht von 2000-2500g
  • Meist Ferkel bei kleinen Würfen
Diagnose:
  • Abstand von mehr als 30 Minuten zu Geburt des letzten Ferkels
  • Bei Geburtshilflichen Untersuchung wird das eingekeilte Ferkel ertastet
TX: je nach Grössenverhältnis zwischen Frucht und Becken
  • Konservative Geburtshilfe (Auszug)
  • Operative Geburtshilfe (Schnittentbindung), vor allem wenn erst wenige Ferkel geboren wurde
Tote Früchte nehmen nicht mehr aktiv am Geburtsvorgang teil, so dass die Austreibungszeiten verlängert, oder fehlerhafte Lagen eintreten können.
 
Prophylaxe von Totgeburten Typ II:
  • Ziel ist es, im Mittel nicht mehr als 0.7 tote Ferkel je Wurf zu haben (= 1 totes Ferkel bei einem Wurf von 15 Ferkeln)
  • Durchgehende Geburtsüberwachung
  • Sofortiges Einschreiten bei verlängerten Abständen zwischen den Geburten einzelner Ferkel
  • Richtige Fütterung im peripartalen Zeitraum (hoher Energiegehalt, weil Geburt viel Energie erfordert; hohe Rohfaser-Gehalt beugt einer Darmträgheit und Obstipation; ein ungenügender Tonus des Darmes ist häufig mit einer verminderten Kontraktionsfähigkeit des Uterus verbunden
  • Wasseraufnahme sicherstellten
  • Durch den kurzen gedrungenen Nacken und die relativ dünnen Extremitäten, stellt eine fehlerhafte Haltung des Kopfes und der Gliedmassen beim Schwein meist keine Ursachen für Geburtsstockungen dar.
  • Auch fehlerhafte Stellungen (untere oder seitliche Stellung) spielen keine Rolle.
  • Querlagen sind häufigsten Ursachen bei einer Fehlerhaften Position, kommen aber ebenso wie eine Verdrehung eines Teiles des Uterus, relativ selten vor.
 
Diagnose:
  • Abstand von mehr als 30 Minuten zu Geburt des letzten Ferkels
  • Querlagen lassen sich durch Geburtshilflichen Untersuchung festellen
  • Eine Torsio lässt sich meist nicht durch vaginale Untersuchung diagnostiziert werden, da die Torsionstelle in der Regel für die Hand nicht erreichbar ist. Wird meist erst bei Schnittentbindung festgestellt.
 
TX:
  • Querlagen: Ferkel in Richtung eines Uterushorns zurückschieben, es am Kopf oder den Hinterextremitäten erfasse und auszuziehen; wenn das Ferkel zu gross ist, ist eine Schnittentbindung vorzunehmen
  • Torsio: es ist eine Schnittentbindung vorzunehmen
Der Vorfall der Vagina oder des Uterus tritt meist im Zeitraum der Geburt auf, wenn das perivaginale Bindegewebe und die Ligamenta lata aufgelockert sind
 
Prolapsus vaginae:
  • Meist in der Eröffnungs- oder Austreibungsphase der Geburt
  • In den Teilen der Vagina, die prolabiert sind, kommt es zu Hyperämie und schmerzhafter Schwellung
  • Dadurch verengt sich der Geburtsweg und die Gefahr einer Schleimhautverletzung ist gross
  • Ist der Bereich der Harnröhrenöffnung in die Entzündung eingezogen, bestehen Störungen und Schmerzen beim Harnabsatz
  • Habituell: meist nur im Liegen, verschwindet im Stehen
  • Permanent: Vorfall verschwindet nicht im Stehen
Foto: Klinik für kleine Klauentiere, Hannover
Prolapsus uteri:
Relativ selten, fast ausschliesslich mehrfachgebärende Sauen betroffen, hohe Mortalitätsrate
  • Während der Austreibungsphase als auch unmittelbar nach Ende des Geburtsvorgangs
  • Zunächst kommt es zu einer Einstülpung des Uterus (Inversio uteri), die nach kranial fortschreitet und zum Prolapsus uteri führt
  • Dann wird der Uterus teilweise oder ganz umgestülpt, so dass die Schleimhaut nach aussen gelangt
  • Ein oder beide Uterushörner betroffen
  • Schleimhaut ist meist hochgradig gerötet, stark geschwollen, hochgradig schmerzhaft
  • Sauen zeigen schnell Herz-Kreislauf-Störungen bis hin zur Kreislaufinsuffizienz, da ein grosser Teil des Blutes im Uterus «versackt»
  • Cave: infaust ((= Bezeichnung einer "ungünstigen" Prognose, die von der Nicht-Heilbarkeit einer Erkrankung ausgeht), wenn hgr. Hämorrhagie durch Ruptur einer Art. ovarica während dem Prolaps 
  • Ursache: Bauchpresse zusammen mit mangelhafter Retraktion von Uterus und Zervix
TX:
Prolapsus vaginae:
  • Schmerzausschaltung (Azaperon + Ketamin i.m.)
  • Vorgefallenen Teil mit kühlem Wasser vorsichtig reinigen
  • Waschung oder wenig reizende desinfizierende Lösung, um Keimbesiedelung zu reduzieren
  • Reposition mit sauberem Handtuch, unter Druck mit Faust durch die Vulva zurückschieben
  • Um erneutes Hervortreten zu verhindern, wird die Vulva zeitweise mit Bühner-Band verschlossen: mit einer Gerlach-Nadel beiderseits durch das Gewebe der Vulva hindurch ziehen und mit einer Schleife verschliessen; nicht zu fest, um Harnabsatz nicht zu stören
 
  • Schmerzmittel applizieren
 
Prolaps uteri:
  • In der Regel keine Therapie, da die Prognose sehr ungünstig ist
Wenn therapiert wird:
  • Narkose
  • Repostion
  • Gummibeutel nach KATHER, mit Gleitcreme, über den Uterus gestülpt
  • mit dem inneren Rand der Vulva vernäht
  • von kaudal über einen Holzstab aufrollen und so verkleinert
  • Uterus nach kranial repositioniert
  • Einleiten mehrere Liter verdünnter, warmer Gleitcreme
  • um Rezidiv zu verhindern: Verschluss der Vulva mit Bühner-Naht
  • Liegeplatz der Sau nach kaudal ansteigend gestalten
  • oder Amputation
  • Ligatur im Bereich der Zervix
  • Verlagerung der Harnblase in die Beckenhöhle
  • Ventral und seitlich der Vagina
  • Fluktuierende Vorwölbung der Scheidenschleimhaut aus der Vulva zur Folge
  • Ähnelt einem habituellen Scheidenvorfall
  • Engt den Geburtskanal ein
TX:
  • Manuelle Reposition der Harnblase
  • Entleerung der Harnblase (physiologisch oder mittels Katheter)
Es sollte immer zuerst versucht werden rein manuell Geburtshilfe zu leisten
  • Vorderendlage: Kopf erfassen; Zeige-, Mittel- und Ringfinger im Nacken, Daumen unter Unterkeifer)
  • Hinterendlage: oberhalb der Sprunggelenke erfassen; Zeigefinger zwischen die Gleidmassen der Frucht, mit dem Daumen und dem Mittelfinger werden die rechte und linke Extremität fest zusammengedrückt
Mit drehenden Bewegungen wird das Ferkel aus dem Geburtsweg herausgezogen
Instrumente
Geburtsschlinge nach Dr. Schuh
Geburtsschlinge
Geburtsschlinge Hinterendlage
Geburtszange
Geburtshaken
Indikation:
  • Sehr grosse Früchte, die manuell nicht ausgezogen werden können
  • Wehenschwäche, bei der die Uteruskontraktionen auch durch Oxytocin nicht ausreichend angeregt werden können
  • Toriso uteri
 
Durchführung:
  • Am narkotisierten Tier (Intravenöse Kurznarkose mit 0.5 mg/kg Azaperon + 10.0 mg/kg Ketamin)
  • Allgemeinbefinden vor der Operation nicht oder nur geringgradig gestört
  • Auf der linken Seite, am liegenden Tier
  • Operationsgebiet reinigen, desinfizieren und mit Abdecktuch abdecken
  • Lokalanästhesie entlang der Schnittlinie (Lidocain)
  • Schnittlinie:
    • In der Flanke bei einer Schnittrichtung von dorsal nach ventral
    • Unterhalb der Kniefalte, etwa 5 cm oberhalb der letzten 3 Mammarkomplexe, bei einer Schnittrichtung von kranial nach kaudal
  • Hautschnitt von 15-20 cm, danach subkutanes Bindegewebe sowie Bauchmuskeln (M. obliquus externus abdominis, M. obliquus internus abdominis, M. transversus abdominis) zunächst stumpf mit dem Finger durchtrennt und dann Wunde mit Schere erweitern
  • Unter M. transversus ist lockeres Fettgewebe sichtbar, das unmittelbar auf dem Peritonaeum aufliegt; Fett stumpf entfernen
  • Dann das Peritonaeum mit einer Pinzette erfassen und mit einer Schere durchtrennen, Zeigefinger in die Öffnung schieben und unter dem Schutz des Fingers den Schnitt durch das Bauchfell erweitern
  • Gravider Uterus ist gut sichtbar
  • Teil mit zunächst erreichbarem Ferkel wird aus der Wunde vorverlagert, eventuell noch weitere Ferkel, um eine günstige Schnittstelle zu finden
  • Eröffnung des Uterus in der Regel nur an einer Stelle, günstig in der Nähe der Bifurkation
  • Uterus wird über dem Rücken und Kopf der Frucht mit einem Skalpell eröffnet
  • Durch diese Öffnung werden die Früchte mit der Hand entnommen
  • Eine zweite Person übernimmt die Neugeborenenpflege, insbesondere das Freimachen der Atemöffnungen
  • Wundverschluss:
    • Uterus: mit resorbierbarem Material mit einer Lembert-Naht (einstülpend, Serosa auf Serosa) verschlossen; Vorsicht: Faden nur durch das Myometrium führen; eventuell können antibiotisch wirkende Uterusstäbe eingelegt werden, bevor der Uterus verschlossen wird
    • Extrabadominal verlagerte Teil des Uterus sollte während der Operation und vor der Reposition in die Bauchhöle mit warmer, physiologischer Kochsalzlösung begossen werden, damit er nicht austrocknet
    • Peritonaeum: fortlaufende Naht mit resorbierbarem Faden
    • Muskulatur: Sultansche Diagonalnaht oder fortlaufende Naht mit resorbierbarem Faden
    • Haut: Einzelhefte, z.B. rückläufige Naht nach Wolff (U-Heft), meist Nylon
Prävention von Geburtsstörungen

Geburtsstörungen:
• Kommen bei der Sau relativ selten vor
• Gefährden aber sowohl das Überleben der Ferkel als auch der Sau
• Beeinflussen die Fruchtbarkeit der Sau negativ
Wichtigste präventive Massnahmen, die durch das Management beeinflusst werden können:
• Aufrechterhaltung eines guten BCS
• Verhindern von Verstopfung
• Geburtsüberwachung reduziert die Schäden durch Geburtsstörungen

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pdf   7.66 MB   1. Feb 2023, 17:06