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Management der Sau und Ferkel nach der Geburt

Welfare Quality Networks_Assessment protocol for pigs: Hier zum Link
Protokolle zur Bestimmung des Tierwohls anhand von Tier-basierter, Management-basierter und Ressourcen-basierter Parameter 
  • Kein längerer Hunger -> richtige und ausreichende Fütterung
    • Sau: BCS
    • Ferkel: Absetzalter
  • Kein längerer Durst -> ausreichend Wasserversorgung
    • Sau und Ferkel: Wasserversorgung: Durchflussrate der Tränken, funktionieren sie?
  • Komfortables Liegen -> weiche, saubere Liegebereiche
    • Sau: keine Bursitis und Leigeschwielen
    • Sau und Ferkel: kein Kot-Verschmutzung am Körper
  • Thermaler Komfort -> nicht zu heiss oder zu kalt (zu feucht/ zu trocken / zu windig)
    • Sau und Ferkel: hecheln, zittern
    • Ferkel: Liegeverhalten (im Haufen oder ausgestreckt in Seitenlage, weit voneinander entfernt)
  • Bewegung möglich -> genügend Platz um sich frei zu bewegen
    • Zur Verfügung stehender Platz
    • Sau: dauerhaft im Kastenstand fixiert? (in CH nicht erlaubt in Abferkelbucht)
Ferkelliegeverhalten bei unterschiedlichen Temperaturen
  • Keine Verletzungen -> z.B. keine Effloreszenzen, keine Lokomotionsbeschwerden 
    • Sau und Ferkel: Lahmheiten
    • Sau: Wunden, Effloreszenzen am Körper, Läsionen an Vulva
  • Keine Erkrankungen -> hohe Hygienestandards 
    • Sau und Ferkel: Mortalität, Husten, Niesen, Hecheln, rektaler Prolaps, Juckreiz (Kratzen und Scheuern sich an Buchteinrichtungen und -wänden)
    • Sau: Verstopfung, Metritis, Mastitis, Uterusprolaps, Effloreszenzen, Hernien, lokale Infektionen
    • Ferkel: neurologische Erkrankungen, Spreizer
  • Keine Schmerzen durch Managementpraktiken -> z.B. Kastration, Eckzahn schleifen
    • Sau: kein Nasenring, kein Schwanzkürzen
    • Ferkel: Kastration, Schwanzkürzen, Eckzahn schleifen
  • Sozialverhalten kann gezeigt werden -> z.B. "Nosing", Spielverhalten bei Ferkeln
    • Sau: Nosing mit Ferkel, Sozialverhalten
  • Weiteres natürliches Verhalten kann gezeigt werden -> z.B. Nahrungssuche und Erkundungsverhalten (Wühlen)
    • Sau: zeigt Erkundungsverhalten aber keine Stereotypien
  • Gute Mensch-Tier-Beziehung -> die Tiere werden immer mit Sorgfalt behandelt
    • Sau: keine Angst vor Tierpfleger, Menschen
  • Positiver emotionaler Status -> negative Emotionen wie Angst, Stress, Frustration, Apathie sollte vermieden werden und gute Emotionen wie Wohlbehagen und Sicherheit sollte gefördert werden
    • Sau und Ferkel: durch Qualitative Behaviour Assessment QBA erhoben (Rutherford_2012_Qualitative Behavioural Assessment of emotionality in pigs)
Zusammenfassung: Natürliches Verhalten von Sau und Ferkeln um die Geburt: 
  • Rotten – matrilineare Sozialstruktur, altersstrukturierte Untergruppen
    • adulte Weibchen (2-4, selten 6 Bachen), meist älteste Bache eine Führungsrolle
    • deren weibliche Nachkommen
    • diesjährigen Ferkel (Frischlinge) 
    • Männliche Tiere (Keiler) verlassen mit 18 Monaten die Rotte, bleiben zunächst in Junggesellengruppen zusammen, ab der nächsten Paarungszeit umherziehende Einzelgänger 
  • die Tiere sind sehr aktiv, sie legen täglich mehrere Kilometer zurück um Nahrung zu finden
  • ihre ausgeprägte Neugier und Erkundungsverhalten stammt von der Notwendigkeit Nahrung zu suchen
  • einige Tage vor der Geburt zieht sich die Sau von der Rotte zurück und beginnt ein Nest zu bauen
  • die Ferkel kommen ohne grosse Energiereserve zur Welt und ihre Fähigkeit zur Thermoregulation ist noch nicht gut ausgeprägt; deshalb müssen sie nach der Geburt rasch Muttermilch aufnehmen um ihre Energiebalance zu halten und benötigen ein warmes (31°C) Ferkelnest um zu überleben (Frischlinge in der Natur sind besser ausgestattet um eine Unterkühlung zu verhindern, sie besitzen dichte Borsten)
  • die Sau zeigt wenig Fürsorge gegenüber ihren Ferkeln nach der Geburt (Ferkel werden nicht geputzt, wie das bei anderen Haussäugetieren der Fall ist)
  • die Ferkel sind kurz nach der Geburt schon sehr aktiv und erreichen selbstständig das Gesäuge, dabei orientieren sie sich an der Wärme, am Geruch des Gesäuges und der Haarwuchsrichtung
  • das Überleben der Ferkel hängt stark mit der Kolostrum-Aufnahme ab:
    • Kolostrum liefert die benötigte Energie zur Thermoregulation sowie Immunglobuline, die einen passiven Schutz vor Pathogenen in den ersten beiden Wochen nach der Geburt gewährleisten.
    • Kolostrum sollte rasch nach der Geburt aufgenommen werden, da der Spiegel an Immunglobulienen im Kolostrum fällt und 4h post partum schon nur noch 50% beträgt
    • Kolostrum-Produktion: ante partum und bis zu 12-24h post partum
  • Säugeverhalten: etwa 1x pro Stunde in den ersten Tagen nach der Geburt, danach immer seltener
    • die Milchejektion wird durch das Verhalten der Ferkel und Synchronisation mit Nachbarsauen ausgelöst, dauert ca. 20 Sek
    • die Sau legt sich dazu in Seitenlage, sie ist dabei sorgsam, dass sie zuerst die Ferkel aus der Zone entfernt wo sie sich dann hinlegen will
    • Start wird durch spezifische Lautäusserungen der Sau signalisiert (oft synchron mit Nachbarsauen)
      • die Ferkel werden angelockt und platzieren sich an ihrer bevorzugten Zitze (die Zitzenordnung wird meist innerhalb der ersten 24 bis 72 Lebensstunden etabliert und verhindert einen Kampf um Zitzen vor jeden Säugeakt)
      • die Ferkel stimulieren die Zitze und lösen so die Milchejektion aus
  • in der Natur bleiben Ferkel für 4-8 Tage im Nest der Sau, die Sau verlässt das Nest nur zur Futter- und Wasseraufnahme sowie zum Suhlen bei warmen Temperaturen, häufig wird in dieser Periode "Nosing" (Nasenkontakt) zwischen Sau und Ferkeln beobachtet
  • die Ferkel lernen die Nahrungssuche und die Aufnahme von festem Futter durch Imitation der Sau
  • das Absetzen erfolgt graduell in dem die Sau Säugeakte unterbricht und die Zitzenmassage der Ferkel verhindert, beginnt natürlicherweise 3-4 Wochen post partum und dauert bis in die 12. Woche post partum

Vitalitäts-Score:

Bewertung der Vitalitäts-Parameter anhand eines Punktesystems von 0-2 :
(0... geringe Überlebenschancen, 2... gute Überlebenschancen)
Ergebnis:
Überlebensfähigkeit gering... Vitalitäts-Score 0
Überlebensfähigkeit intermediär... Vitalitäts-Score 1
Überlebensfähigkeit gut... Vitalitäts-Score 2
  • In der Praxis schwer zu beurteilen: Puls, Muskeltonus
  • Weitere mögliche Parameter:
    • Intaktheit der Nabelschnur
    • Zeit, die ein Ferkel nach der Geburt benötigt, um an das Gesäuge zu gelangen bzw. das erste Mal säugt
Intrauterine Growth Restriction (IUGR):
In grossen Würfen können Ferkel während ihrer Entwicklung im Uterus zurückbleiben. Sie sind an der «Delfin»-artigen Kopf-Form erkennbar. Sie benötigen extra Pflege, weil sie meist nicht genug Kolostrum aufnehmen können.

Meconium-Score:

Bewertung des Meconium-Scores anhand eines Punktesystems von 0-3 :
(0... kein Meconium, 3... hochgradig mit Meconium verschmiert)
Untrauterine Hypoxie führt dazu, dass das Ferkel mit Meconium verschmiert ist:
Hypoxie -> erhöhte Peristaltik und reduzierter Verschluss des Anus des Ferkels -> Meconium wird in die Amnionsflüssigkeit ausgeschieden -> verfärbt die Haut des Ferkels gelblich
(A)... Score 0: normal; (B)... Score 1: mild; (C)... Score 2: moderat; (D)... Score 3: schwer

VERSORGUNG DER NEONATEN:

  • Ein gewärmtes, isoliertes Ferkelnest muss zu Verfügung stehen
  • Ferkel abtrocknen
  • Die Kolostrumaufnahme des gesamten Wurfes innerhalb von 12-16h nach der Geburt sicherstellen
  • Schwache Ferkel sollen unterstützt werden, die Zitze zu finden, möglichst kleine, aber funktionierende Zitzen auswählen, da schwache Ferkel Probleme mit grossen Zitzen haben, 3-4x in den ersten Lebensstunden
  • Wenn notwendig können schwache Ferkel auch mit Kolostrum aus der Flasche (von der eigenen Mutter oder einer anderen Sau) gefüttert werden
  • Wasser ad libitum 
  • leicht abführendes Futter für 3 Tage, nicht überfüttern (sonst Risiko von PPDS erhöht)
Agroscope, 2016. Fütterungsempfehlungen für Schweine (Gelbes Buch).
Futterzusammensetzung von Saug- und Absetzferkeln; Agroscope, 2016. Fütterungsempfehlungen für Schweine (Gelbes Buch).
Beim Übergang von der Kolostralmilch zur Normalmilch wechseln die Ferkel von einer proteinreichen zu einer fettreichen Nahrungsquelle (ist darauf ausgerichtet, einen hohen Fettansatz zu sichern). In der Normalmilch beträgt der Fettgehalt 7-10%, was rund  65% der Bruttoenergie ausmacht. Die Gehalte an Protein und Laktose liegen bei je 5-6%, wobei die Proteinfraktion fast zur Hälfte aus Kasein besteht. Der Energiegehalt von Sauenmilch beträgt im Mittel 5.3 MJ VES / kg Milch.

Saugferkelbeifutter, ab der 2. Lebenswoche anbieten
  • Saugferkelbeifutter entspricht dem Absetzfutter
  • deckt die Bedarfslücke ab der 4. Säugewoche (Milchleistung der Sau erreicht in der 3. Laktationswoche ihr Maximum)
  • Gewöhnung an pflanzliche Futterbestandteile
  • Stimulierung der Magensäurebildung
  • Stimulierung der Bildung von Enzymen für die Verdauung von Kohlenhydratenund Proteinen
  • Stimulierung der Dickdarmentwicklung
  • Insgesamt Vorbereitung auf das Absetzen, positive Beeinflussung derDarmzottenfunktion.
Agroscope, 2016. Fütterungsempfehlungen für Schweine (Gelbes Buch).
Weiterführende Informationen zu Impfungen: https://www.blv.admin.ch/dam/blv/de/dokumente/tiere/tierkrankheiten-und-arzneimittel/tierarzneimittel/impfleitfaden-schweine.pdf.download.pdf/Impfleitfaden_Schweine_DE.pdf

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pdf   2.74 MB   1. Feb 2023, 17:06